Innehalten - Die Radwegekirche / Ev. Kirche, 23936 Friedrichshagen, Landkreis Nordwestmecklenburg

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Haben Sie nicht mal wieder Lust auf eine Radtour oder gar eine Urlaubsreise mit dem Rad? Brauchen Sie dafür vielleicht noch Anregungen? Dann schauen Sie doch mal auf der Website https://www.radwegekirchen.de/ vorbei. Dort finden Sie Radwege in ganz Deutschland. Das Besondere? Es sind Radwege verzeichnet, an denen sich Radwegekirche wie Perlen auf einer Kette aufreihen. Diese Kirchen laden ein zum "Verschnaufen" und Innehalten.

Eine dieser Radwegekirche ist die Kirche in Friedrichshagen. Sie liegt in der Weite der sanft hügeligen Landschaft Nordwestmecklenburgs etwa 20 km südwestlich der Hansestadt Wismar.

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Die Kirche in Friedrichshagen schaut auf eine sehr lange Geschichte zurück - wie fast alle Dorfkirchen Mecklenburgs. Diese Geschichte beginnt im 13. Jahrhundert: Der Ort Friedrichshagen, oder Vredeberneshagen, wie er in alten Urkunden heißt, wurde um 1230 von einem sogenannten Kolonisten gegründet. Er hieß Vredebern und ließ das umliegende Gebiet von Arbeitern roden, um Felder anlegen zu können. Darauf weist die Endung -hagen hin.
Möglicherweise bauten die Bauern damals nicht nur ihre eigenen Häuser, sondern auch schon eine Kirche. Sie wird aus Holz gewesen sein.

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Eine Kirche gehörte im Mittelalter sozusagen zur 'Grundausstattung' eines Dorfes. Sie war Ort der Gemeinschaft, der Versicherung gegen die Nöte des Lebens (Armut, Krankheit, Tod). Sie war gleichzeitig ein Ort der Hoffnung und der sozialen Normierung: Hier wurde in Wort und Bild vermittelt, wie die Menschen sich zu verhalten hatten, um die Gnade Gottes zu finden und das ewige Leben. In der Kirche waren die Lebenden und die Toten im christlichen Glauben an die Auferstehung vereint.

Die heute noch erhaltene Kirche wurde erst zu Beginn des 15. Jahrhunderts erbaut. Seither hat sie viele Veränderungen erlebt. Sie sind vor allem im Inneren der Kirche sichtbar. Kommen Sie doch mit hinein und schauen sich um!

 

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Der Kircheninnenraum ist achtsam renoviert. Er lädt ein, auf einer der Kirchenbänke Platz zu nehmen und sich umzuschauen.

Es handelt sich um eine Saalkirche mit dreiseitigem Chorabschluss und Holzbalkendecke, das heißt, die Kirche hat kein Gewölbe. Die Holzdecke wirkt neu. Sie ist aus einfachen Holzbalken gezimmert und trägt keine Bemalung. Das wird in der Vergangenheit anders gewesen sein. Sicher war die ursprüngliche Decke mit Malereien verziert: mit bunten Ornamenten und vielleicht auch mit bildlichen Darstellungen aus der Bibel.
Die Wände sind durch Bögen rhythmisch gegliedert. Jeder Bogen wölbt sich über einem Fenster. Hier wird eine Änderung der Bauplanung sichtbar: Ursprünglich war für die Kirche ein Gewölbe vorgesehen. Warum es nicht ausgeführt wurde, wissen wir nicht. Möglicherweise fehlte das Geld für die aufwendige Aufmauerung eines Backsteingewölbes und man entschloss sich für eine kostengünstigere Holzbalkendecke.

 

 

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Der helle einladende Kirchenraum wird heute auch für Konzerte genutzt. Ein Förderverein kümmert sich seit vielen Jahren um den Erhalt des Kirchengebäudes und bietet allen Interessierten ein vielfältiges musikalisches Programm.
Auf der Website des Vereins finden Sie alle wichtigen Informationen https://www.förderverein-kirche-friedrichshagen.de/.
Gottesdiensttermine der Kirchengemeinde Friedrichshagen-Gressow sowie weitere Informationen zur Gemeinde finden Sie hier https://www.kirche-gressow-friedrichshagen.de/gottesdienste-termine/

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Im Jahr 2024 feierten die Kirchengemeinde und der Förderverein ein besonderes Jubiläum: Eines der ältesten Ausstattungsstücke der Kirche wurde 450 Jahre alt - das Epitaph für die Familie von Bülow. Es wurde 1574 gestiftet. Anlässlich dieses Jubiläums konnte das Epitaph restauriert werden. Es hat sich gelohnt, dem alten Werk mit Wattebausch und Pinsel zu Leibe zu rücken und alte Übermalungen und Schmutzschichten abzunehmen. Jetzt zeigt es sich in einer Leuchtkraft, wie seit langer Zeit nicht mehr.

 

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Auf dem Bild sind Familienangehörige der von Bülows zu sehen. Sie knien betend unter dem gekreuzigten Jesus Christus. Die Familienmitglieder sind, wie es damals üblich war, feinsäuberlich nach Männern und Frauen getrennt. Ihr gesellschaftlicher Stand zeigt sich nicht nur darin, dass sie überhaupt auf einem Bild dargestellt wurden, sondern auch an ihrer modischen Kleidung: Sie tragen die spanische Tracht mit der typischen Halskrause. Allerdings zeigt die Kleidung wenig Variation. Wie uniformiert und mit wenig Verständnis für die Perspektive hat der Maler die Figuren hintereinandergestaffelt.

Ihre Zugehörigkeit zur Familie von Bülow wird durch das Wappen (goldene Kugeln) und die Initialen über den Köpfen deutlich gemacht. Außerdem erläutert eine Inschrift im unteren Feld des Epitaphs, wem das Epitaph gewidmet ist: Hans von Bülow und seiner Frau Katharina von Plessen. Das Wappen der Familie von Plessen (ein Stier) ist oberhalb der Frauen gemalt.

 

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Epitaphien sind keine Grabmäler. Es sind Gedenkbilder, die die Verstorbenen würdigen und ihr Ansehen für die Nachwelt bewahren sollen. Sie werden sozusagen von ihrer 'besten Seite' gezeigt: Hans von Bülow, der laut Inschrift bereits 1552 am Sonntag Palmarum verstarb, soll in "wahrer Erkenntnis Gottes und seines Sohnes" verstorben sein. "Edel- und ehrenhaft" sei er gewesen. Das Todesdatum seiner Frau Katharina wird einfach angehängt, doch sicher wird auch sie in "wahrer Erkenntnis (...)" eingeschlafen sein. Wir wissen es nicht. Dass beide an hohen kirchlichen Feiertagen (Palmarum und Christi Himmelfahrt) verstorben sind, glauben wir dem Verfasser der Inschrift ...

Doch nicht nur der Text, auch das Bild soll uns von der Gottesfürchtigkeit der von Bülows überzeugen: Unter dem Kreuz sind mehrere Figuren zu sehen, die unterschiedliche Formen der Trauer zeigen. Da ist im Vordergrund eine Gruppe von Frauen zu sehen. Eine von ihnen ist entkräftet zusammengesunken. Sie wird von einer anderen im Arm gehalten. An den Kreuzstamm klammert sich eine weitere Frau. Sie hält fest, kann nicht loslassen. Hinter ihr steht eine männliche Gestalt. In einem roten Mantel gehüllt hat er die Hände zum flehentlichen Gebet erhoben. Oder ringt er sie sogar?
Alle diese Figuren sind Teil der biblischen Erzählung des Todes Jesu Christi (Maria, die Mutter Jesu, Maria Magdalena, Johannes) aber sie sind auch Identifikationsfiguren für individuelle Trauer. Sie stehen für die Demut der adeligen Familie vor langer, langer Zeit und sie stehen für uns und unsere persönlichen Reaktionen auf den Verlust geliebter Menschen.

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Ab etwa 1541 besaß die Familie von Bülow das Patronat für die Friedrichshagener Kirche. Sie wählten sie als Begräbnisort. Unter dem Chor befanden sich ihre Gräber.

Der Begräbnisort sagte im Mittelalter und in der frühen Neuzeit viel über die gesellschaftliche Stellung der Verstorbenen aus. Im Kirchenraum wurde nur bestattet, wer es sich leisten konnte. Ein Grabstein markierte den Ort des Begräbnisses. Ein Epitaph aus Holz oder Stein sorgte zusätzlich für Sichtbarkeit. Kirchen- und Gottesdienstbesucher hatten die Verstorbenen "im Blick" und bezogen sie in ihre Gebete ein.
Im Chorraum der Kirche, also in unmittelbarer Nähe zum Altar, wurden nur hochgestellte Persönlichkeiten der Geistlichkeit und die Kirchenpatrone beerdigt.
Auf dem Friedhof wurde beigesetzt, wer getauft war. Nur wer getauft und damit Teil der christlichen Glaubensgemeinschaft war, konnte nach damaligem Verständnis in Gottes Augen Gnade finden.
Die Sorge, dass Kinder ungetauft starben, war in dieser Zeit groß. Sie führte zu absurden Maßnahmen wie etwa das Einspritzen von Taufwasser in den Leib der Mutter, wenn das Kind bei der Geburt zu sterben drohte. Wie gut, dass sich die Dinge ändern ...

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Kurz bevor das Epitaph 1574 gestiftet wurde, hatte ein einschneidendes Ereignis das Leben der Menschen in Stadt und Land stark verändert: die reformatorische Bewegung. In einem Zeitraum von mehreren Jahren verbreitete sich die neue Lehre Martin Luthers in den Fürstentümern. Menschen diskutierten die aufrüttelnden Thesen von der Rechtfertigung des Menschen durch Gott vor allem in den Städten. Die Kritik an Geistlichen, die nicht nach dem Evangelium lebten, an Bereicherung und fehlenden Fachkenntnissen - so würde man es heute sagen - traf auf 'offene Ohren'.
Die reformatorische Bewegung verlief nicht ohne Konflikte, auch nicht ohne gewaltsame Konflikte. Die Familie von Plessen spielte bei der Einführung der Reformation in Mecklenburg eine besondere Rolle: Sie hatte bereits frühzeitig einen evangelischen Prediger in ihrer Kirche in Gressow, nahe Friedrichshagen, eingesetzt - gegen den Willen des Ratzeburger Bischofs. Als dieser den Prediger gefangen nehmen ließ, zog die Familie von Plessen, unterstützt vom gesamten Adel des Klützer Winkels in eine Fehde gegen den Bischof. Die von Bülows waren dabei.

Rund vierzig Jahre nach diesen Ereignissen wurde das Epitaph gestiftet und wir lesen noch heute, dass Hans von Bülow und Katharina von Plessen, die vermutlich Zeitzeugen dieser Ereignisse waren, in der "wahren Erkenntnis Gottes und seines Sohnes" verstorben sind. - Ein Bekenntnis zum neuen Glauben und ein politisches Statement.

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Als das Epitaph gestiftet wurde, sah die Kirche von innen ganz anders aus. Wie, das wissen wir nicht. Doch wir können davon ausgehen, dass im Kirchenraum mehrere Heiligenbilder gestanden haben, dass Wandmalereien die Mauern schmückten und vielleicht sogar Glasmalereien die Fenster.
Auf dem Altar wird wohl ein Flügelretabel gestanden haben. Vermutlich gab es zwei weitere Altäre - einer davon der Mutter Gottes geweiht. So war es damals üblich. Vielleicht stammen die Holzfiguren und der Schrein, die heute an der Nordwand aufgehängt sind, von diesen Altären. Vielleicht sind sie die Reste dieser Flügelretabel.

 

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Der kleine Schrein an der Nordwand ist der Rest eines 'typischen' mittelalterlichen Flügelretabels. Es wird um 1420 entstanden sein. Seither hat es einiges durchgemacht: Die Figuren und der Schrein haben 'ihre Fassung' verloren, das heißt, die Vergoldung und farbige Bemalung sind nicht mehr vorhanden. Irgendjemand hat sogar gründlich Hand angelegt. Nicht der kleinste Rest Farbe oder auch nur der Grundierung ist übriggeblieben. Das spricht dafür, dass die Figuren absichtlich abgelaugt und abgebürstet worden sind.
Einen Eindruck von der ursprünglichen farbigen Gestaltung und dem Aufbau vermittelt das Flügelretabel in der Petrikirche in Demern, Landkreis Nordwestmecklenburg, nahe Rehna. Oder Sie schauen hier Kunst.Geschichte.Kirche/Vertiefen/Punzen-Beitel-Seelenheil

Über den Aufbau und die Funktion von Flügelretabeln erfahren Sie hier mehr Kunst.Geschichte.Kirche_Vertiefen_Ansichten_im_Wandel.

 

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Die Reformation war noch nicht lange eingeführt, als das Epitaph der Familie von Bülow gestiftet wurde. Die neue Ordnung, nach der Gottesdienste gehalten werden und Kirchen ausgestattet werden sollten, war noch nicht lange in Kraft. Auch wenn der Adel im Klützer Winkel und mit ihm auch die Familie von Bülow ein großes Interesse daran hatte, die Veränderungen politisch voranzubringen und die Macht der Geistlichkeit in der Region zu schwächen, wird der konkrete Umbau der Kirche einige Zeit angedauert haben. Erst nach und nach werden die Heiligenbilder aus der Kirche hinausgeräumt und übermalt worden sein. Schließlich hatten sie die Kirchenbesucher ein Leben lang als Schutzheilige begleitet.

Häufig wurden die übrig gebliebenen "mittelalterlichen Kunstalterthümer" im 19. Jahrhundert gründlich überarbeitet. Vermutlich hat man damals auch die Figuren in den hübschen kleinen Schrein eingefügt. Sie passen weder hinsichtlich ihrer Höhe noch ihrer Tiefe in den Schrein.
Herauszufinden woher sie stammen, wer sie gestiftet und geschnitzt hat, ist eine detektivische Fleißarbeit, die uns den Alltag der Menschen des Mittelalters näherbringen kann. Wir können aber auch einfach nur die Schönheit der Werke genießen oder uns, wenn wir mögen, mit der christlichen Botschaft in Verbindung bringen.

 

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Kirchenräume laden ein zum Innehalten. Sie sind ein bisschen wie aus dem Alltag herausgeschnittene Räume. Es sind ästhetisch und religiös gestaltete Räume, die ihre geheimnisvolle Anziehungskraft bis heute nicht verloren haben. In ihnen werden mühelos Jahrhunderte überbrückt: Mit einer Wendung des Kopfes spannt sich der Zeitraum von über 300 Jahren auf.

Den kleinen Holzschrein mit der Kreuzigung Jesu, in dem noch die Heiligenfiguren Katharina (zerbrochenes Rad) und Nikolaus (Bischofsmütze) zu sehen sind und den großen barocken Altaraufbau mit den marmorierten Säulen trennen Jahrhunderte politischer und religiöser Veränderungen. Doch nicht nur der Alltag der Menschen hat sich verändert, ihre soziale Situation und ihr Glaube, auch ihr Schönheitsempfinden, ihr Geschmack hat sich vollkommen geändert: Antikische Säulen, bemalt mit einer Marmorimitation, bewegte Skulpturen mit großen Gesten und üppiges Rankenwerk. - Der Barock erfasste mit einer Modernisierungswelle die Dorf- und Stadtkirchen im 17. und 18. Jahrhundert.

 

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Am Beginn des 18. Jahrhunderts fand auch die Familie von Bülow, dass etwas Neues her müsse. 'Ihre' Kirche sollte zeitgemäß ausgestattet sein. Nicht mehr nach Art der Altgläubigen mit gotischem Maßwerk und Heiligenbildern. Sie beauftragte den Schweriner Hofmaler mit der Herstellung eines neuen Altaraufsatzes. Die Inschrift auf der Rückseite des Altares gibt bis heute darüber Auskunft.

Wir wissen nicht, ob sich die von Bülows mit dem Pfarrer oder den Kirchenvorstehern vor Ort hinsichtlich des Bildprogramms abgesprochen haben oder ob sie als Kirchenpatrone allein entschieden, was auf dem Hauptgemälde zu sehen ist und welche Figuren in den Architekturrahmen hineingestellt werden sollten. Aber eines ist klar: Sie haben sich an die neuen Traditionen evangelischer Bildprogramme gehalten, so wie Martin Luther sie bereits Mitte des 16. Jahrhunderts empfohlen hatte: das Abendmahl unten, die Kreuzigung in der Mitte, der auferstandene Jesus Christus ganz oben als Bekrönung. Nur biblische Szenen und Figuren sollten zu sehen sein. Zusätzliche Figuren wie Putten und Tugenden entsprechen dem Zeitgeschmack.

Das kleinere Gemälde oberhalb der Kreuzigungsszene zeigt die Grablegung Jesu. Dieses Motiv wurde sicherlich im Hinblick auf die Grablege der Familie von Bülow in der Kirche gewählt.

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Auch wenn sich der alte, aussortierte und der neue barocke Altaraufsatz in Aufbau, Ornamentik und emotionaler Erzählfreude stark voneinander unterscheiden, so ist doch der Kern der Aussage über die Zeit hinweg der gleiche geblieben: Im Zentrum steht der gekreuzigte Jesus Christus. Bei ihm stehen seine Mutter Maria und sein 'Lieblingsjünger' Johannes. Dieses Motiv bezieht sich auf eine Stelle im Neuen Testament der Bibel: "Als nun Jesus seine Mutter sah und bei ihr den Jünger, den er lieb hatte, spricht er zu seiner Mutter: Frau, siehe, das ist dein Sohn! 27 Danach spricht er zu dem Jünger: Siehe, das ist deine Mutter!" (Joh.19,26).

Diese Dreiergruppe spielte in der mittelalterlichen Bildwelt und bis weit in die Neuzeit hinein noch in einem anderen Zusammenhang eine zentrale Rolle: in der Darstellung des sogenannten Jüngsten Gerichts. Dort befinden sich Maria und Johannes rechts und links von Jesus Christus, der als Weltenrichter sein Urteil über die Menschen spricht: Die Verdammten werden auf die Seite von Johannes gestellt, diejenigen, die in den Himmel kommen, stehen auf Marias Seite. Und so nimmt auch diese Darstellung Bezug auf die vor Ort befindliche Grablege der Familie von Bülow und verweist auf die Hoffnung auf ein ewiges Leben.

 

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Nur wenige Jahrzehnte nach dem Aufbau des neuen Altaraufsatzes erhielt die Kirche eine neue Kanzel. Sie zeigt die Formensprache des Rokoko - die Stifter und Künstler gingen mit der Zeit. Bibelsprüche begleiten den Pastor auf seinem Weg hinauf zur Kanzel, dem Ort, von dem aus die Predigt gehalten wird. Dass der Pastor das Wort Gottes verkündete, das macht der gewaltige Strahlenkranz mit den hebräischen Buchstaben des 'Nichtnennbaren' deutlich. Und auch die Taube des Heiligen Geistes, die auf der Unterseite des Schalldeckels zu sehen ist, gehört zur Standardausstattung einer Kanzel. Sie ist seit Jahrhunderten das Symbol für die göttliche Geistkraft, die Redner*innen und Autor*innen inspiriert.

Heute predigen Pastor*innen kaum noch von der Kanzel. Die Position über der Gemeinde wird in der Regel als unangemessen wahrgenommen. Sie entspricht nicht mehr dem Selbstverständnis einer von Pastor*innen und Laien paritätisch geleiteten modernen Kirchengemeinde.

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Sie erreichen die Kirche über einen eher weniger bekannten Radweg, den Kulturradweg. Er führt vom Schweriner See zur Ostsee. Der Radweg verbindet verschiedene Sehenswürdigkeit aus Geschichte und Gegenwart miteinander. In diesem Faltblatt der Stadt Grevesmühlen wird die Route erläutert und ein Überblick über die kulturellen Highlights gegeben: https://www.grevesmuehlen.de/files/bilder/einzelhaendler/derkulturradweg/Faltblatt.pdf

Die Kirche in Friedrichshagen ist von Ostern bis zum 31. Oktober täglich von 8:00-18:00 für Sie geöffnet. Herzlich willkommen!